Tonholz und E-Gitarre = Voodoo
Immer wieder stolpert man in der sogenannten "Fachpresse" und auch bei etablierten Gitarrenbauern über den Begriff "Tonholz". Damit wird nicht nur gutes abgelagertes spannungsfreies Holz, sondern Holz, das gut schwingt.
Sätze wie "schon trocken angespielt zeigt sie ihr volles Potential" und ähnliches liest man regelmässig. Das ist wissenschaftlich von Prof. Manfred Zollner an der Universität Regensburg als Blödsinn und Mythos nachgewiesen worden und in seinem Buch Physik d. E-Gitarre veröffentlicht worden.
Eine E-Gitarre darf nicht schwingen. Wenn sie schwingt, gibt es Rückkopplungen. Deshalb hat die Gibson 335 einen fetten Holzblock drin. Man kann eine akustische oder semiakustische Gitarre nicht laut spielen.
Von der Presse und anderen werden hier Erfahrungen aus dem Bereich der akustischen Gitarren, die da durchaus ihre Berechtigung haben, auf die E-Gitarre übertragen. Und das hat auch wirtschaftliche Gründe.
Gutes Tonholz = teuer = teure Gitarre.
Roger Siminoff, ein bekannter amerikanischer Gitarrenbauer schreibt in einem Buch sinngemäss "egal was Du nimmst - Hauptsache hart". Und wie passt da Pappel und anderes rein? Die ersten Broadcaster ware aus Oregon Pine (Douglasie).
Leo Fender nahm zuerst (1950/51) Esche, da das schöner mit dem Farbton "Blond" aussieht (Fenders Lieblingsfarbe). Bei der Tele blieb Blond der Standard (und somit die Esche).
Als beim Precision Bass Sunburst eingeführt wurde, merkte man, dass Sunburst mit Esche produktionstechnisch negativ ist. Also nahm man Erle für Sunburst. Die Farbe bestimmte das Holz ...
Und beide Hölzer waren preiswert, gut verfügbar und gut maschinell zu verarbeiten. Die "Toneigenschaften" wurden ihnen erst später angedichtet. Aber das ist was für den Bereich Psychoakustik.
Aber Holz spielt doch eine Rolle. Und zwar der Bereich zwischen Brücke und Sattel. Das Thema ist hier nämlich nicht "Schwingen", sondern "Dämpfen". Ein weicher Body zwischen Bücke und Hals dämpft mehr, als ein harter Body. Aus dem gleichen Grund ist oft das Sustain bei geschraubten Hälsen schlechter, wenn die Verbindung nicht ordentlich ist.
Zum Thema Dämpfung kann ich die Arbeiten von Helmut Fleischer, Hugo Fastl und Tillmann Zwicker empfehlen:
- Abklingen der Saitenschwingungen von Solid-Body-Gitarren
- DEAD SPOTS - Zum Schwingungsverhalten elektrischer Gitarren und Bassgitarren
- Korpusschwingungen einer Elektrogitarre
Und wem das nicht reicht, der sollte sich folgendes Video anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=n02tImce3AE&list=WL&index=18